Grußwort: Medienkonvergenz & Soziale Plattformen: Die 12. Tübinale 2023

Ein Beitrag von

Prof. Dr. Klaus Sachs-Hombach & Elias Raatz

 

Am 15. Mai 2023 wird die 12. Tübinale mit dem thematischen Schwerpunkt „Medienkonvergenz & Soziale Plattformen“ im Landestheater Tübingen stattfinden. Das jährlich wechselnde Thema behandelt damit ein weiteres Mal aktuelle Phänomene der gesellschaftlichen Entwicklung. Im Rahmen der Vorlesung „Medienwandel und Medienkonvergenz“ konnten Studierende der Medienwissenschaft an der Universität Tübingen eigene Kurzfilme einreichen. Wir freuen uns, diese filmischen Projektarbeiten aus den Händen kleiner Teams zu drei Personen während der Tübinale feiern und prämieren zu dürfen.

Zur festen Struktur der Vorlesung unter der Schirmherrschaft von Prof. Dr. Klaus Sachs-Hombach gehören drei konzeptionelle Säulen: gesellschaftsrelevante medienwissenschaftliche Inhalte, deren künstlerische bzw. filmische Bearbeitung und Reflektion sowie die abschließende Präsentation der entstandenen Werke vor einer breiten inner- und außeruniversitären Öffentlichkeit mit gleichzeitiger Auszeichnung der Ergebnisse durch eine unabhängige Jury und das Publikum.


 Die Tübinale erfreut sich unverändert großer Beliebtheit und kann mit Stolz behaupten, eines der größten und öffentlichkeitswirksamsten Events des Instituts für Medienwissenschaft darzustellen.

 

Soziale Plattformen: Kritische Reflexion im Zeitalter der Digitalisierung

In einer Zeit, in der Politik und Gesellschaft neue und teilweise unerwartete Herausforderungen zu bewältigen haben, hat das übergeordnete Anliegen der Tübinale und der Vorlesung weiter an Bedeutung gewonnen, nämlich die Beschäftigung mit drängenden Problemen der Gegenwart anzuregen und das gesellschaftliche Engagement zu fördern. Die Themen der Tübinale sollten entsprechend immer wichtige aktuelle Entwicklungen spiegeln und zur kritischen Reflexion aktueller Trends im Schnittfeld von Medien, Politik und Gesellschaft anregen. Dies gilt umso mehr für medienwissenschaftlich bedingte Entwicklungen, die sich im Zeitalter der Digitalisierung und des beständigen Wandelns der Medien geradezu aufdrängen. Unstrittig erfüllt das diesjährige Thema der Tübinale, „Medienkonvergenz & Soziale Plattformen“, diese Vorgaben.

Die Bedeutung von Plattformen kann kaum überschätzt werden, denn im Internet begegnen wir ihnen ständig: Ob Meta, Amazon, Google, der Tübinale-Blog oder Pornhub - inzwischen sind die meisten Bereiche der Gesellschaft über Plattformen vermittelt und damit einem tiefgreifenden Strukturwandel ausgesetzt. Für den Bereich des Konsums wird dies etwa im Wandel der Innenstädte sichtbar, aus denen zugunsten diverser Online-Dienste kleinere Geschäfte weitgehend verschwunden sind. 

 

 

Medienwissenschaftlich interessanter sind diejenigen (als Soziale Plattformen zu bezeichnenden) Plattformen, die klassische Aufgaben der Medien übernommen haben und damit Öffentlichkeit in eigener Weise prägen. Dies betrifft gar nicht in erster Linie die (als Werbekonzern zu charakterisierende) Plattform Meta. Mit fast zwei Milliarden Nutzern gilt sie zwar immer noch als größte Plattform, das Angebot an diversen sozialen Angeboten hat sich inzwischen aber zum einen erheblich differenziert (siehe etwa YouTube, TikTok, Snapchat oder BeReal), zum anderen sind mit etlichen Sozialen Plattformen nun spezifische Informationsangebote verbunden, die bisher von den klassischen, (öffentlich-rechtlichen) Medien (also Zeitung, Fernsehen und Radio) wahrgenommen worden sind. Wir befinden uns also (in den Worten von Jürgen Habermas) in einem neuen Strukturwandel der Öffentlichkeit. Die hieraus entstehenden Probleme zeigen sich nicht nur in der (mit der Plattform Meta verbundenen) Kritik am Überwachungskapitalismus oder der mit ökonomischen Rationalitäten verbundenen Anpassungsbereitschaft diverser Plattformbetreiber in Bezug auf Zensur in autoritären Systemen, wo es keine frei zugängliche „Öffentlichkeit“ mehr gibt. Grundlegender und besorgniserregender ist zumindest in der Einschätzung von Jürgen Habermas, dass die Grenzen von privat und öffentlich zu verschwimmen beginnen und sich Öffentlichkeit in einem allgemeineren Sinne zugunsten sehr partikularer Teilöffentlichkeiten aufzulösen droht.

  


Die Tübinale 2023

Seit ihrer ersten Ausrichtung im Jahr 2012 entwickelt sich die Tübinale beständig weiter. Parallel hierzu haben sich in den letzten Jahren einige Wechsel in den Verantwortlichkeiten gegeben. Nachdem der ehemalige Hauptverantwortliche Dr. Lukas R. A. Wilde Tübingen zugunsten einer Professur in Trondheim verlassen hat, betreut der seit 2019 am Lehrstuhl für die Tübinale zuständige Elias Raatz nun die Vorbereitungen des Filmfestivals in Eigenregie. Mit der jeweiligen Leitung haben sich über die Zeit auch die Ausrichtung und Struktur der Organisationsgruppen gewandelt. 

Die Konzeption, Planung und Durchführung der Tübinale liegt jedoch weiterhin bei den Studierenden selbst, welche im Rahmen eines universitären Seminars dieses Kurzfilmfestival organisieren. Auf diese Weise planen Studierende für Studierende eine größere öffentliche Präsentation, sodass die Tübinale unabhängig von ihrer offiziellen Verankerung am Institut für Medienwissenschaft bzw. am Lehrstuhl für Medienwandel und Medienkonvergenz mit Recht als studentisches Event mit Strahlkraft bezeichnen werden kann und sollte.


Wir freuen uns auf eine unterhaltsame Tübinale, die auch angesichts größter Herausforderungen ihr eigenes Profil erhalten und weiterentwickeln konnte.